Ist Dankbarkeit eine Tugend, eine Pflicht – oder gar eine Supererogation, also etwas, das über die Pflicht hinausgeht?
Sichern wir uns damit unseren Platz in der Gesellschaft? Denn wenn wir uns für ein Geschenk bedanken, bekommen wir die Gunst des Schenkers. Ein doppeltes Geschenk, dankeschön.
Ich habe mich in letzter Zeit sehr oft bedankt: Besonders bei Menschen, die meinen Roman lesen oder gelesen haben, bei Menschen, die mir im Entstehungsprozess geholfen haben, bei Rezensent*innen. Ehrlich gefühlte Dankbarkeit, der ich immer wieder Ausdruck verleihen möchte.
Eines macht mich dabei stutzig: Leser*innen, Blogger*innen und auch von mir mit Dank Beschenkte erwidern meinen Dank. Ich höre dann Sachen wie:
»Danke, dass ich deinen Roman lesen durfte.«
»Danke für diese Einsichten.«
»Danke für deinen tollen Roman.«
Anfangs habe ich das abgetan, nach dem Motto, »Ich bin doch niemand. Es sind die anderen, die sich Zeit und Energie für meine Kunst genommen haben, um mir auf meinem Weg zu helfen.«
Inzwischen klopft es immer wieder von innen an meine Stirn: »Nimm den Dank an. Du liest doch selbst viel und bist dankbar für das Leseerlebnis. Warum sollten andere nicht dankbar für deine Geschichten sein?« Und dann klopft es nochmal stärker: »Du hast so viel Energie und Zeit investiert, um anderen ein gutes Leseerlebnis zu bescheren. Freu dich, wenn es gelungen ist!«
Ich schwebe irgendwo zwischen Kleinheitsgefühlen, Dankbarkeit und Selbstsicherheit. Ich will Dankbarsein nicht praktizieren oder trainieren, sondern das Gefühl genießen, wenn es da ist: von innen und von außen.